Eine Klarstellung

Ein Artikel aus de.talk.sex

von "Andy"


Es mag viele Gründe geben, warum jemand sexuelle Kontakte mit Tieren hat. Die Grenzen sind fließend, Abgrenzungen schwierig oder sogar unmöglich. Die Begriffe Zoophilie und Zoosexualität, meinetwegen auch Sodomie, beschreiben ein Phänomen, das so komplex ist wie Sexualität und zwischenmenschliches Zusammenleben selber - und auch ebenso viele Spielarten besitzt. Monokausale Erklärungsmodelle sind daher ebenso sinnlos wie Pauschalisierungen oder gar moralische Verurteilungen.

Ich hatte in den letzten Monaten die Chance, mit zwei Psychologen einer deutschen Universitätsklinik zu sprechen, die sich über Stand, Umfang und Niveau des vorhandenen Materials zu diesem Thema entsetzt äußerten. Diese kann man nicht zuletzt auch an den hier z.T. bis zum Erbrechen zitierten Werken erkennen, die meist noch aus Zeiten stammen, in denen heute akzeptierte Formen des Andersseins mit Zuchthaus oder Elektroschocks "behandelt" wurden. Jahrzehnte an wissenschaftlicher Entwicklung sind an der Thematik vorübergegangen, vor allem, weil den Forschern durch die Legalisierung der Zoophilie der bequeme Zugang zu ihrem - ohnehin extrem vorselektierten - "Material" entzogen wurde. Wer heute bei der Beurteilung einer derart komplexen psychologischen Thematik auf die Aussagen von Polizisten und Tierärzten baut, müßte analog das gesellschaftlich akzeptierte Sexualverhalten an Gerichtsakten und den Protokollen von Notaufnahmen bewerten.

Die beiden Psychologen haben übrigens beschlossen, eigene Forschungen zur Zoophilie zu erstellen. Der erste Aufsatz ist bereits fast fertiggestellt, ähnliche Projekte gibt es in den Niederlanden und den USA. Unabhängig vom Ausgang erhoffe ich mir sehr viel Aufschlüsse von den Ergebnissen dieser Arbeiten. Bis dahin ist jedoch alles, was hier über uns gesagt wird, Mut-, ja Anmaßung und Vorurteil: Keiner, der sich hier über Zoophilie äußert, kann sich guten Gewissens für kompetent oder neutral erachten.

Wir Zoophilen haben uns bisher sehr normativ geäußert, worauf uns die Glaubwürdigkeit abgesprochen wurde. Tatsächlich transportiert die Zoo-FAQ einen sehr hohen moralischen Anspruch, und das ist gut so: Es gehört zur Selbstfindung einer Gruppe, gemeinsam einen ethischen Konsens definieren und diesen nach innen wie nach Außen zu vertreten. Unsere in Ansätzen entstehende Gemeinschaft und Selbstorganisation schafft sich so ihre eigenen Regeln. Sie trägt dazu bei, aus Unwissenheit begangene Fehler zu vermeiden und unerwünschtes Verhalten zu sanktionieren - eine Selbstverständlichkeit, die in jedem anderen Kontext ausdrücklich begrüßt und gefördert, uns jedoch vorgeworfen wird.

Wer gegen uns Kommunikationsverbote aussprechen will, beweist damit nur, daß er seinen eigenen Argumenten nicht traut. Das Totschweigen oder Niederbrüllen von Zoophilen hat aber auch zur Folge, daß notwendige und sinnvolle Auseinandersetzungen nicht stattfinden können. Dazu gehört nicht zuletzt das selbstkritische Infragestellen von zoophilen Verhaltensweisen und das Beseitigen von Irrtümern und Selbstbetrug, die es natürlich auch bei uns gibt. Wird dieser Diskurs verhindert, zerstört man die Möglichkeiten zur sinnvollen Korrektur von

Fehlentwicklungen auf individueller wie auf Gruppenebene: Auch wenn ich Zoophilie per se nicht für krank oder gefährlich halte, so sind es doch viele ihrer Folgen - und einige ihrer Ursachen.

Daher ist für uns Zoophile die öffentliche Äußerung kein Spiel, keine sinnlose Provokation, sondern ein notwendiger Teil unseres Selbstfindungs- und Selbstbehauptungsprozesses. Der Vorschlag, wir hätten uns lediglich zurückzuziehen, um weiteren Angriffen zu entgehen, ist daher ähnlich zynisch wie der Vorwurf an andere Minderheiten, sie würden durch ihre bloße Präsenz und Existenz provozieren und hätten daher die Folgen selber zu tragen. In diesem Zusammenhang sei an das hier oft gebrachte Zitat vom "pöbelfeindlichen Pöbel" erinnert.

Außerdem müssen wir nach wie vor um Rechte kämpfen, die uns eigentlich, wie jedem anderen Menschen auch, selbstverständlich zustehen. Nicht zuletzt werden wir die Diskussion über unser Anderssein nicht dem Mob überlassen, der auf der Basis unserer Diskriminierung eigene Ziele verfolgt.

Wer einigermaßen vorurteilsfrei und kritisch an diesem Prozeß teilnehmen will, kann viel dazu beitragen. Alle anderen steht es frei, ihn zu ignorieren - wer anders denkt, sollte sich vielleicht nach seinen wahren Motiven fragen.

"Andy"
 

--------------

Klarstellung
von Andy
Aus der dts
23.1.1998