Emotionalität beim Tier

die unterschiedliche Betrachtungsweise durch Tierschutz, Gesetzgeber und Wissenschaft

 

Immer wieder wird (nicht nur) in den diversen Zooboards von "das Tier liebt", "das Tier leide unter" gesprochen. Auch ich selbst lasse mich häufig zu dieser zwar abkürzenden, aber - wie sich zeigen wird - recht zweifelhaften Interpretation tierischen Verhaltens hinreißen.

Emotionen - Stand der Dinge

Sehr knapp umrissen: Emotionen entstehen im Gehirn. Dort im lymbischen System. Dieses ist bei (höherem Säuge-)Tier und Mensch sehr ähnlich. Was manchem Zeitgenossen zur Erklärung ausreicht, warum alle höheren Lebewesen der Emotionalität fähig sein müssen. Kein Ethologe betrachtet dies jedoch als zwingende Beweisführung. Obwohl in Publikationen von 2004 manch promovierter Autor in Sachbüchern ganz unverblümt hundliche Emotionen für seine Argumentationen postuliert. Solch gewagte Gedankenakrobatik erscheint manchem Wissenschaftler, mir selbst und einem Neurophysiologen, mit dem ich mich über dieses Thema unterhielt, als allzu unwissenschaftlich.

Emotionen sind für das höhere Säugetier, so auch für Hund und Pferd, von der Wissenschaft noch nicht dingfest gemacht worden. Damit besteht kein Fundament, auf das sich der Zoo, der Tierschützer oder der Gesetzgeber berufen könnte. Dies hat massive Auswirkungen auf die Betrachtung zoosexueller Aktivitäten in juristischer Hinsicht. Ebenso auf manche Argumentation der Zoosexgegner. Dazu später mehr.

Annäherung an eine Definition 

Jeder Hundehalter - sogar mancher Ethologe - "weiß", dass ein Hund Angst haben kann. Dass er Angst in Verhalten verpackt äußert. In mancher Literatur wird Angst beim Hund sogar als "emotionaler Zustand" bezeichnet. Ist diese seine Angst aber nun ein seelischer, ein psychischer Gefühlszustand, wie wir Menschen ihn erleben können oder lediglich eine körperliche Reaktion elektrischer, chemischer, hormoneller und verhaltenstechnischer Art auf äußere Faktoren? Alle "zum Angstempfinden gehörigen" Körperreaktionen, alle Hormonsausschüttungen, alle neurologischen Vorgänge und Veränderungen, die Wechselwirkungen von Sympathikus und Parasympathikus, bis hin zu spontaner Darm- und Blasenentleerung und Erbrechen, setzen kein Empfinden von Angst als Ursache voraus. Ein Zittern darf nicht als Hinweis auf die "Fähigkeit zur Emotionalität" gesehen werden. Es ist lediglich Hinweis auf den momentan extrem veränderten chemischen und elektrischen Zustand des "geängstigten" Wesens.

Hinweise aber keine Beweise 

Man kann heute schon für nahezu alle "Gemütszustände" sehr differenzierte, objektive Werte elektrischer, chemischer und verhaltenstechnischer Natur aufzählen, die in ihrer Summe als charakteristisch betrachtet werden dürfen. Jedoch lässt sich die "zugehörige Emotion", das Empfinden und Erleben nicht messtechnisch erfassen. Das "Ereignis Schmerz" ist messbar. Die nachfolgenden Reaktionen eines bestimmten Organismus' ebenfalls. Was ein Wesen daraus aber "emotional" macht, ob es überhaupt etwas draus macht und den Schmerzimpuls nicht nur ganz emotionslos als Negativerlebnis seinem Erfahrungshorizont anfügt, kann man nur sehr schwer dingfest machen.

Über Messungen im Chemiehaushalt sowie über elektrische Aktivität und die Bestimmung, wo genau selbige Aktivität im Nervensystem lokalisiert ist, lässt sich Angstempfinden, Leidensdruck, Freude oder Lust mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als vorhanden eingrenzen. Aber keineswegs zwingend beweisen. Man darf nur sagen, in solch einem chemisch-elektrischen Zustand würde der Mensch aussagen, er empfände Lust, Liebe, Angst oder verspüre einen Leidensdruck. Doch nicht einmal bei Messungen an verschiedenen Menschen darf man davon ausgehen, dass bei identischen Messwertmustern eine zweite Versuchsperson zwingend den gleichen emotionalen Zustand erlebt. Wirkliches Empfinden - für mich überhaupt erst als "Emotion" zu bezeichnen - kann nur von der sie erlebenden "Software" selbst geäußert werden. Der Mensch kann verbal ausdrücken, wie er sich fühlt, welchen emotionalen Zustand er gerade erlebt. Das Vorhandensein einer bestimmten Emotion allein aus messbaren materiellen Strukturen oder dem Verhalten, der Körpersprache des betrachteten Wesens abzuleiten, führt nicht immer zu verlässlichen Ergebnissen.

Noch kritischer wird es, versucht man diese Ergebnisse interspezifisch zu übertragen. Einfach zu behaupten, ich messe nahezu identische Muster bei Mensch und Tier an, die zugehörigen organischen Strukturen ähneln sich ebenfalls zu einem großen Anteil - folglich erlebt das Tier genau wie der Mensch gewisse Gefühlszustände, ist keine Beweisführung.

Benötigt man die "neue Qualität Emotion" überhaupt? 

Bei alledem darf man die Frage nicht vergessen, ob Emotionen überhaupt mehr sind als das, was man messen kann. Sind sie nur ein stark abstrahiertes informatorisches Abbild, das das Hirn, aus der momentanen körperlichen Situation abgeleitet und verklausuliert an das Bewusstsein weiter meldet? Unter Einbezug von Lerneffekten, Erfahrungen und zahlreicher anderer Begleitfaktoren? Oder steckt mehr dahinter? Besitzt "Emotion" eine andere, neue, eigene Qualität?

Handelte es sich bei Emotionen nur um ein informatorisches Abbild physikalischer Körperzustände, besteht kein Anlass, dem Tier Emotionalität rundweg abzusprechen. Dann besteht zum Menschen einmal mehr kein qualitativer Unterschiede, sondern lediglich ein quantitativer hinsichtlich der Komplexität. Das komplexere menschliche NS wird wohl ein komplexeres Abbild dieser Zustände erstellen, ergo komplexere Emotionen generieren.

Manche Leute mit denen ich über dieses Thema diskutierte, meinten, man müsse die Komplexität des Messbildes nur erhöhen, die Messgenauigkeit verfeinern, noch mehr Faktoren in die Betrachtung eines "emotionalen Zustandes" integrieren und schon könne man jede Emotion bei Mensch und Tier in einem (wenn auch unheimlich komplexen) Datenpaket auf dem Monitor abbilden. Eine sehr materialistische Sichtweise - der ich mich persönlich aber anschließen möchte.

Nur eine "Makro-Meldung? 

Ist also beispielsweise "Freude" nur eine Sammelmeldung an das Bewusstsein, für uns zwecks übersichtlicherem Erleben zur empfundenen "Emotion Freude" zusammenfasst? So wie wir ebenfalls verbal den Sammelbegriff "Freude" bemühen und nicht immer alle zugehörigen einzelnen Handlungen, die Gestik und Mimik eines freudigen Menschen beschreiben? Von den etlichen Milliarden Reizen, mit denen wir über unsere Sinnesorgane in jeder Sekunde bombardiert werden, werden von unserem NS wohlweislich schon mal nahezu alle weggefiltert. Ansonsten wäre keine Orientierung in dieser Welt möglich. Wir würden aufgrund von Reizüberflutung in den Wahnsinn kippen. Ist "Emotion" nur ein weiterer Filter zur Vereinfachung des Erlebens? Der sehr selektiv eine Vielzahl von Daten unterschiedlichster Qualität abkürzend zum Bild "Liebe", "Freude", "Angst", "Trauer" zusammenfasst und uns diese Zustände als solche "empfinden" lässt?

Die Komplexität der Datenverarbeitung 

Aus absinkendem Blutzuckerspiegel trotz gewissen Nahrungsfüllstandes im Magen resultiert eine gewisse, charakteristische Übelkeit. Sie schon als "Emotion" zu bezeichnen, dafür wird sie manchem Betrachter zu nahe und direkt am körperlichen Geschehen orientiert sein. Ich möchte mich dem anschließen. Aber diese "Meldung Übelkeit" erzeugt Alarmbereitschaft und Unwohlbefinden. Daraus resultiert schon ein gewisser Leidensdruck. Und spätestens hier sind wir im Bereich der Emotionen angelangt. Harte körperliche / materialistische Fakten in Kombination mit dem Wissen um deren Bedeutung ergeben einen Gemütszustand, der weit über das reine Reizempfinden hinausreicht.

Das zusätzliche Wissen, wohin dieser Zustand unbehandelt führen könnte, erzeugt Unruhe, vielleicht gar Angst. Kommt hinzu, dass ich momentan nicht adäquat reagieren und den Blutzucker korrigieren kann, erzeugt allein dieser informatorische Hintergrund und meine Kombinationsgabe einen definitiv nicht mehr allein durch Außenreize provozierten Gemütszustand von beginnender Panik.

Erst meine kognitiven Fähigkeiten erheben einen derzeit noch unbedeutenden Reiz / Zustand zur personenumfassenden Emotion. Nun spricht man Tieren solche Fähigkeiten (Kognition, komplexes Denken) aber zumeist ab. Darf ich dies als Hinweis sehen, dass man ihnen damit ebenfalls ganz legitim jegliche Emotionalität absprechen darf? Erst komplexes Wissen um Zusammenhänge, die Möglichkeit komplexer Informationsverarbeitung lässt durch simple Außenreize innere Stimmungen, Emotionen also, entstehen. Ist Emotionalität damit eine Frage der Komplexität? Sind damit vielleicht wirklich nur Mensch und Primat ausreichend komplex für Emotionalität? Liegt diese Schwelle oberhalb der Möglichkeiten unserer Haustiere?

Je früher ich in dieser Kette den körperlichen Gesamtzustand schon als "Emotion" bezeichne, desto wahrscheinlicher wird es, dass ebenfalls das Tier der Emotionalität fähig ist. Ein einzelner Schmerzimpuls mag für die Einstufung "emotionsbehaftet" zu wenig sein. Hinzu kommen muss etwa das Wissen, dass Schmerz meist Handlungsbedarf nach sich zieht, um nicht stark negative, möglicherweise existenzbedrohende Folgen erleiden zu müssen. Möglicherweise entsteht damit Sorge um das Wohlbefinden, damit psychisches Unwohlsein. Und wir befinden uns im Bereich der Emotionen. Es spricht aber nichts dagegen, anzunehmen, ein Tier wiche einem Schmerzimpuls völlig emotionslos aus, versuche lediglich - seiner Programmierung gehorchend - künftig ähnliche Situationen zu meiden.

Das Postulat des "psychischen Leidensdruckes", der - laut Tierschützern - aus nicht artgerechter Haltung resultiere, ist deshalb äußerst kritisch zu bewerten. Hat das Tier noch Schmerzen von der letzten vom Halter bezogenen Prügel, hat es Hunger, einen vom Regen nassen Pelz, liegt es hart und kalt, führen solche Unpässlichkeiten zu einem erhöhten Reizzustand. Möglicherweise zu einer unruhigen Suche nach Auswegen aus diesem unangenehmen Zustand. Der Mensch würde für sich selbst an Stelle dieses Hundes sagen, er fühle sich unwohl. Der Mensch litte noch intensiver, da er Zukunftsängste in seine Betrachtungen - und damit letztlich in sein resultierendes Wohlbefinden - integriert. Wird sich die Situation absehbar in nächster Zeit verbessern, empfindet er den aktuellen Zustand als tragbarer. Wird sich dieser Zustand unabsehbar in die Zukunft erstrecken, mag er weitaus intensiver leiden. Obwohl beide Male die momentane, den Leidensdruck erzeugende Situation völlig identisch ist. Und wieder stellt sich die Frage nach der Grenze: Liegt schon dem Verhalten des ausweichenden Hundes ein Leidensdruck, also Emotionalität, zugrunde? Es mag denkbar sein - zwingend nötig, um sein Verhalten zu erklären oder künftige Aktionen abzuschätzen ist es nicht.

Hat ein bedrohter Computer Angst? Eine provokante Frage hierzu: Eine aktive Anti-Viren-Software schreitet ein, wenn sie virenähnliche Aktivität im Computer entdeckt, um den Computer vor Beschädigung zu schützen. Besitzt deshalb die Gesamtheit der Software oder das Virenprogramm selbst Emotionalität? "So ein Quatsch - natürlich nicht!" wird jeder sagen und wohl Recht mit dieser Behauptung haben. Doch obiger Hund weicht auch nur einer ihn möglicherweise beschädigenden Situation aus. Benötigt man zur Beschreibung seines Verhaltens also die neue Qualität "Emotionalität", nur weil er eine organische Maschine ist? Nein, definitiv nicht!

Angst ist in gewissem Kontext die mehrfach gemachte Erfahrung, dass auf einen gewissen Reiz, meist ein Negativerlebnis folgt. Brüllt Herrchen herum und hebt die Hand, folgt in manchen Haushalten vielleicht meist ein unangenehmer, taktiler Reiz. Also zeigt der Hund alsbald in solch einer Situation ein Verhalten, dass wir gerne mit "Angst" betiteln. Erlebt der Hund aber wirklich die "Emotion Angst"? Der Ethologe spricht von schlichter Konditionierung und zielgerichtetem Handeln. Trocken. Emotionslos. Der Tierschützer spricht von Angst und Leidensdruck, damit gleich in zweifacher Hinsicht von (nicht bewiesener und zu Erklärung des Verhaltens nicht nötiger) Emotionalität. Wer hat nun recht? An welcher Stelle und warum wird das an sich doch so herrlich mechanistisch funktionierende und erklärbare Tier plötzlich zum lebenden und fühlenden, zum leidens- aber ebenso erlebensfähigen Wesen? An jedem willkürlich gezogenen Limit, das dem betreffenden Betrachter am besten gefällt? Diese derzeit in den meisten Diskussionen (besonders im Streit zwischen Zoo und Zoogegner) fehlende Objektivität ist unwissenschaftlich.

Sprache und Menschlichkeit 

Hierbei spielen uns unwissenschaftlichen Normalos schon sprachliche Konventionen und unser eigenes Empfinden üble Streiche. Wir fassen einen Verhaltensmix mit einem Begriff zusammen, der mit dem, was man objektiv beobachten kann überhaupt nichts zu tun hat. Wir sehen keine Angst beim Hund. Eine vermeintliche Angstreaktion zeigt sich in geduckter Haltung, in Zittern, zielloser Flucht, angelegten Ohren und vielem mehr. Und nur weil wir selbst - unwissenschaftlicher Beobachter der wir nun einmal meist sind - wenn wir uns so benähmen Angst empfänden, sprechen wir in Sätzen wie, der Hund habe sich ängstlich verhalten. Hier bemühen wir eine (möglicherweise falsche) subjektive Interpretation und beschreiben nicht das Verhalten eines Tieres.

Und wenn wir Angst haben, empfinden wir auch Angst. Prompt wurde der Hund damit ein emotionales Wesen ...

Wenn wir hart, nass und kalt liegen müssen, fühlen wir uns unwohl. Ein Hund solchermaßen gelagert, steht womöglich auf und sucht sich eine andere Liegestatt. Und wieder schließen wir von uns auf den Hund. Der Hund habe sich dort "nicht wohl gefühlt". Habe unter dieser (nicht artgerechten) Behandlung sichtlich gelitten. Stünde damit - bei Wiederholung - unter einem gewissen Leidensdruck. Womöglich hat den Hund aber die ganze Sache "völlig kalt gelassen". Vielleicht versuchte er nur ganz emotionsfrei und ohne Unwohlbefinden einen noch besseren Platz zu finden. Vielleicht flüchtete er gar nur deshalb, weil ihm dieser Platz aus strategischen Gründen oder hinsichtlich der Rangordnung unpassend erschien.

Aber in beiden Fällen wurde der Hund Dank unserer anthropomorphisierenden Hilfe zu einem der Emotion fähigen Wesen - obwohl es streng genommen keinerlei Hinweise darauf gab. Und schon erscheinen uns Emotionen beim Tier allein aus unserem täglichen Sprachgebrauch und unserem menschlichen Erlebenshorizont heraus als Selbstverständlichkeit.

Der Trugschluss 

Man kann vieles Verhalten höherer Tiere über die Unterstellung von Emotionalität, mit all dem drum herum, wie es vom Menschen erlebt und empfunden wird, abkürzend und korrekt beschreiben. Was aber keineswegs als Beweis für das Vorhandensein von Emotionalität gesehen werden darf. Denn gleichzeitig führt auch eine Interpretation unter Aussparung der Emotionalität ebenso wenig zu Fehlern in Interpretation und Beschreibung beobachteten Verhaltens. Das Vorhandensein der Fähigkeit zur Emotionalität ist damit zur Erklärung nicht notwendig. Man kann tierischem Verhalten, ohne die Korrektheit des Gesamtbildes, das man damit zeichnet, zu beschädigen, Emotionalität unterlegen. Doch benötigt man sie nicht. Ein Unterlegen ist derzeit aber nichts anderes als ein Akt vorschneller Anthropomorphisierung. Hier muss ich dem Zoosexgegner, der dem Tier die Liebesfähigkeit rundweg abspricht, Recht geben.

Die derzeitige Handhabung

 Derzeit werden tierische Ausdrucksformen samt zugehörigem Verhalten im Allgemeinen als lediglich reaktive, reflektorische und kommunikative Komponente des Tieres betrachtet. Nicht aber als Ausdruck eines innerlichen emotionalen Zustandes gewertet. Der verängstigte Hund schleicht nicht herum, weil er Angst empfindet, sondern weil er seinem Sozialpartner gegenüber "Angst" ausdrückt. Er schleicht herum, um Unterwürfigkeit zu signalisieren, seine Bereitschaft zum Ausweichen, zum Nachgeben zu vermitteln. Um sich bei Bedarf schnellstmöglich in Sicherheit bringen zu können, indem er sich auf Distanz und stets fluchtbereit hält. Er handelt damit rein funktionell. Angeborenen Verhaltensaufträgen gehorchend, die mehr oder minder stark durch Erfahrung variiert wurden.

Folgen für den Tierschützer 

Die Zoosexgegner berufen sich gerne auf fehlerhafte Anthropomorphisierung, wenn ein zoophiler Halter von der "Liebe" seines Hundes zu ihm spricht. Nach dem Stand der Wissenschaft ist dieser Vorwurf also bedauerlicherweise völlig legitim. Doch wer sich in Sachen "Liebesfähigkeit" auf wissenschaftliche Fakten (oder eben deren Nicht-Vorhand-Sein) beruft, darf andererseits keinesfalls "psychisches Leiden" beim Tier, entstanden aus sexuellem Ge- oder gar Missbrauch postulieren. Denn eine solche Auslegung tierischen Verhaltens - und sei es noch so auffällig - ist damit derzeit ebenfalls nichts anderes als ein anthropomorphes Postulat ohne wissenschaftliche Grundlage. Positive Emotionalität darf nicht geleugnet werden, wenn andererseits die Fähigkeit zu emotionaler Leidensfähigkeit des Tieres herangezogen wird, um den zoophilen Menschen zu verurteilen.

Korrekterweise muss man momentan die Leidensschiene differenzieren. Körperliches Leid in Form von Schmerzimpulsen, etwa aufgrund von Verletzungen, ja. Psychisches, seelisches und emotionales Leid - nein. Damit wird nahezu alle Argumentation der Tiersexgegner über die Leidensschiene hinfällig. Dennoch wird sie ungebührlich überstrapaziert, da diese Grauzone von den Tiersexgegnern zu Ungunsten des Zoos bis an die Grenzen des Ertragbaren hin schamlos ausgeschöpft wird. Es grenzt dabei ans Lächerliche, wenn solche Thesen in Texten der Gegenseite, verfasst von wissenschaftlich versierten Menschen, vertreten werden. Menschen die gleichzeitig in ihrer wissenschaftlichen Arbeit Emotionalität beim Tier als unbewiesen ablehnen (müssen).

Folgen für die Rechtsprechung 

Traurig für das Tier, dass man ihm von Seiten der Wissenschaft noch keine Emotionen zugesteht. Brauchbar aber, wenn es um gerichtliche Streitereien geht. Konkret heißt das: Solange von der Wissenschaft keine Emotionalität bewiesen wurde, darf kein psychisches Leid postuliert werden. Das bedeutet ferner, dass "psychisches Leid" beim Tier niemals als eine Grundlage für juristische Schritte gegen einen Zoo herangezogen werden kann. Sollte dies einmal geschehen sein, darf betreffendes Urteil wohl als nicht rechtskräftig betrachtet werden.

Dies stabilisiert die gesetzliche Lage für den Zoo erheblich. Da man gegen ihn nur die üblichen Dinge wie Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung oder Verstöße gegen das Tierschutzgesetz durch physische Verletzung des Tieres zur Anwendung bringen kann. Des Tiersexgegners liebstes Kind - psychischer Stress oder gar psychisches Leiden - aber noch gar nicht geboren wurde. Folglich braucht niemand, der sich als Zoo geoutet hat und einen schüchternen bis scheuen Hund führt, fürchten, dass man ihm daraus einen Strick drehen könnte. Zumal der Beweis, dass ein verängstigtes Erscheinungsbild dann auch wirklich Resultat des zoosexuellen Kontaktes ist, kaum erbracht werden kann.

Was wäre, wenn ...? 

Erkennt man die Möglichkeit eines Leidensdruckes beim Haustier an, muss Kastration als mutwillige und überflüssige Zerstörung eines überaus positiv erlebbaren Lebensbereiches eingestuft werden, mit dem man dem Tier einen grundlegenden Erlebensbereich raubt. Ist das Tier der Emotionalität fähig, besitzt es ebenfalls eine Sexualität, ein Lustempfinden. Das Verhindern eines aktiven Sexuallebens führte dann genauso zu einem tierschutzwidrigen Leidensdruck, wie etwa sexuelle Fehlbehandlung, Kettenhaltung oder mangelnder Auslauf. Alles müsste darauf hinauslaufen, dass eine Berücksichtigung des Sexualtriebes genauso zur artgerechten Tierhaltung dazugehören muss, wie Fütterung, Spiel und Ausflug. Den gesunden Hund darf man nicht über eine Magensonde ernähren, nur weil diese Form der Ernährung dem Halter genehmer wäre als der natürliche Weg der Nahrungsaufnahme. Genauso dürfte man dann die Befriedigung tierischer Sexualität nicht mehr aussparen, nur weil sie sich vielleicht nicht mit dem christlichen Weltbild des Halters vereinbaren lässt.

Aufgrund solcher und ähnlicher Konsequenzen ist die Frage nach Emotionalität beim Tier in Politik und Wissenschaft ein recht unbeliebtes Thema. Vorhandene Arbeiten wurden teils niemals veröffentlicht, teils - obwohl wissenschaftlich korrekt durchgeführt - nicht anerkannt. Forschungsgelder stehen nicht in Aussicht.

Schriebe die Wissenschaft Emotionalität des Tieres als Tatsache fest, hätte dies verheerende Auswirkungen auf die komplette Nutztierhaltung. Sie müsste völlig neu organisiert werden, würde vermutlich zusammenbrechen. Einziger Nutznießer wäre das Tier. Doch wer betreibt schon Tierschutz und Forschung ohne Nutzen, ja schlimmer noch: gar zum Schaden für den Menschen?

Meine Meinung 

Der "Tierschützer" gibt sich in dieser Sache in Argumentation und Handeln inkonsequent, widersprüchlich und unberechenbar. Er hängt sein Mäntelchen nach dem Wind, nach dem Zeitgeist. Sieht was ihm gefällt - unterschlägt was ihm nicht passt (Wie immer halt ...).

Und was macht d'r hundskrueppl? Ich warte ab, bis Fakten geschaffen worden sind. Selbst schaffen kann ich sie nicht. Bis dahin gehe ich vorsorglich davon aus, dass die Tiere, mit denen ich Umgang pflege, der Emotionalität fähig sind. Allzu viele Verhaltensweisen deuten darauf hin. Ich werde meinen eigenen Hund weiterhin so sensibel behandeln, als wäre er ein emotionales Wesen. Dies hat sich bei mir als ein funktioneller, zielführender Ansatz für den Umgang erwiesen. Erweist sich meine Haltung einmal als falsch, habe ich damit keinen Schaden angerichtet - außer dem, dass für mich einiges überflüssigerweise etwas komplizierter war, als hätte ich in meinem Hund nur eine "Bio-Maschine" gesehen. Wird Emotionalität beim Tier einmal durch die Wissenschaft bestätigt, brauche ich mir keine Vorwürfe zu machen.

(dieser Text ist die Essenz aus zahlreichen Gesprächen mit Ethologen, Tiertherapeuten, Tierärzten; Stand Februar 2005; ich habe die Wahrheit nicht gepachtet - wer weitere / andere /aktuellere Fakten kennt, soll diese doch bitte in die Diskussion einbringen)

 

Nachtrag, Dezember 2006

 

Als "Normalsterblicher" hinkt man neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen meist ein paar Jahre hinterher. Deshalb hier eine stichpunktartige Aktualisierung zu meinen obigen Aussagen, auf den Stand des Jahres 2000 gebracht. Auf dem deutschen Konsumer-Markt mögen diese Daten momentan noch aktuell, in Wissenschaftskreisen aber überholt, einige der hier aufgelisteten, noch in Frage stehenden emotionalen Möglichkeiten des Hundes bereits im Experiment untersucht und wissenschaftlich dingfest gemacht worden sein.

 

Vorsicht: Diese Daten gelten speziell für den Haushund. Dieser darf keinesfalls als ein Repräsentant ALLER Säugetiere in Sachen emotionale Leitungen betrachtet werden! Er nimmt unter den Säugetieren diesbezüglich eine Spitzenposition ein. Andererseits fehlen ihm einige Fähigkeiten, die andere "Spezialisten" mitbringen.

 

Untersucht und anerkannt sind die emotionalen Leistungen

- Leiden

- Ärger

- Angst

Hinsichtlich Verlassenheitsängsten werden dem Hund die verstandesmäßigen Leistungen (oder sollte man besser sagen "Sensibilität"?) eines zwei- bis vierjährigen Kindes zugestanden.

 

Anerkannt, aber möglicherweise noch nicht im Experiment bewiesen(?) sind

- Freude

- Kummer

- Aufregung

- Verachtung / Geringschätzung

 

Hinsichtlich Liebe werden beim Hund bereits die feinen Facetten

- Lieben

- Mögen

- Bewundern

diskutiert. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Hund zu einer erlebten Unterscheidung fähig ist.

 

- Treue

ist vorhanden. Sie lässt sich aber auf die Mechanismen der Bindung zurückführen. Weshalb man zu ihrer Beschreibung nicht die neue Qualität "Emotionalität" bemüht.

 

- Mitgefühl / gefühlsmäßige oder emotionale Identifikation

- Versöhnungsverhalten

wird für den Hund beschrieben. Beweise stehen noch aus.

 

- Stolz

- Scham

rücken immer weiter ins Blickfeld der Ethologie. Es gibt Hinweise darauf, dass beides in den "Leistungskatalog des Hundes" fällt.

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